Worte Gottes
Dörfliche Tragikomödie von Ramón María del Valle-Inclán
Aus dem Spanischen übersetzt von Fritz Vogelgsang
Schweizer Erstaufführung
Premiere: 02. März 2012 Luzerner Theater
Trailer
Pressestimmen
«Es ist ein Lebensfest. Ausgelassen tanzen die Dorfbewohner, werfen ihre Arme und Beine in die Luft, Musikanten spielen auf und feuern sich gegenseitig an, der Aldcordeonspieler (Alan Bern) treibt den Takt höher, presst den Balg und zieht ihn weit. Klatschen, Johlen, Singen, es ist die reine Lust und Lebensfreude. Zusammen mit Spielern aus Innerschweizer Theatervereinen kosten die Schauspieler des Luzerner Theaters die satten und deftigen Szenen der «dörflichen Tragikomödie» «Worte Gottes» des galizischen Dramatikers Ramön del Valle-Inclän (1866-1936) aus. Das Stück zeigt die Menschen, wie sie nach ihrem Glück streben, mit Frömmelei oder Gaunerei nach ihrem Vorteil gieren, getrieben vom Verlangen, aus dem dumpfen Dasein auszubrechen, ein Stück Himmel auf Erden zu erhaschen, Liebe zu finden - oder wenigstens Befreiung vom Drang, nicht allein zu sein. Mitten unter ihnen vegetiert Laureano (fern der Karikatur: Samuel Zumbühl). (…) Andreas Herrmann nutzt die Vitalität des Volkstheaters, die die 18 Mitspieler aus den Theatervereinen mitbringen. Die Spieler aus dem Ensemble des Luzerner Theaters fügen sich stimmkräftig ein in das Lebensfest, tragen das Pathos mit und grundieren auf der Bühne von Max Wehberg (mit Pappe- Grabsteinen und Stahlrohrkirche) den Abgesang auf Menschlichkeit und Moral mit dunkler Kraft. Wie böse Komik sein kann, zeigt Hajo Tuschy als Miguelin. Hans-Caspar Gattiker als Lucero gibt den skrupellosen Verführer, Jörg Dathe als Küster Pedro den lautstark verzweifelten gehörnten Ehemann, der zuletzt aus seinem Glaubenshalt dennoch zur Verzeihung findet. Wiebke Kayser zeigt als Mari-Gaila eine hinreissend starke Rolle: Sie nimmt sich, was ihr das Leben versagen will, die Lust und die Liebe. Die andern zerbrechen daran, sie hat ihre eigene Moral.» Neue Luzerner Zeitung, 04.März 2012
«In Andreas Herrmanns Inszenierung wird das Zeitlose an den Kostümen (Sabin Fleck) deutlich, von Vorkriegs- über Hippie- bis zu Girlie-Outfits. Herrmann hat das Ensemble mit Laien aus Innerschweizer Theatervereinen verstärkt. Das passt gut. Schon die bisher einzige Schweizer Aufführung des Dramas 1996 in Mörel im Kanton Wallis war eineVolkstheater - Inszenierung. Dialektal gefärbtes Deutsch verleiht dem Drama ländlichen Charme. In Luzern machen sich die Amateure gut neben den Profis. (…) Wunderbar die Volksfestszene vor der Pause, für die es langen Beifall gab. Alan Berns Kompositionen die er selber als Handörgeler auf der Bühne spielt tragen viel zum Gelingen bei. Der zweite, düsterere Teil ist weniger musikalisch. Hier gab es dafür Zwischenapplaus für die beiden stärksten Darsteller des Abends: Jörg Dathe als Pedro-Gailo und Bettina Riebesel als Marica. Riebesels heuchlerisch-pathetische Larmoyanz sorgte auch für die meisten Lacher.»
Die Südostschweiz am Sonntag, 04.März 2012
«Als unaufführbar galten die Stücke des spanischen Dramatikers Ramön Maria del Valle-Inclän. Regisseur Andreas Herrmann beweist mit «Worte Gottes» das Gegenteil. Und bringt mit Laiendarstellern, neben dem gesamten Luzerner Ensemble, ein ganzes Dorf auf die Bühne. Ein gewagtes Spiel. Der Anblick widert an: Der betrunkene Miguelin (Hajo Tuschy) füllt den hilflos schreienden Krüppel Laureano (Samuel Zumbühl) so lange mit Alkohol ab, bis er in seiner Schubkarre elend stirbt. Dabei war alles nur ein Spiel eines, das sich bis zum Tod des Krüppels gelohnt hat. Zumindest finanziell. Dies ist eine der eindrücklichsten Szenen und Höhepunkt des tragisch-komischen Stücks, dessen Handlung in einer der ärmsten Gegenden Spaniens Anfang des 20. Jahrhunderts spielt. (…) Heidnischer Aberglaube und katholische Litanei die typische Glaubensmischung der Bewohner eines Dorfes im armen Galicien. Mitte des 19. Jahrhunderts kommt Ramön Maria del Valle-Inclän als Sohn eines Regionaldichters und Historikers zur Welt. Schon sehr früh kommt er deshalb mit Literatur in Berührung. Aber auch die katholische, provinzielle Umgebung inspiriert und prägt ihn eine Fundgrube kurioser Figuren und rohen Brauchtums und macht ihn zum zynischen Gesellschaftskritiker. Als Wegbereiter der literarischen Moderne geht er mit den Auswüchsen des Kapitalismus, dem System von Staat und Kirche hart ins Gericht. Als Bürgerschreck und schillernder Autor in seinem Heimatland kritisiert und bewundert, bleibt er hierzulande nahezu unbekannt. Lange werden Valle-Incläns Stücke als nicht bühnentauglich eingestuft die Grösse der Besetzung ist der Grund. Regisseur Andreas Herrmann gibt dem Volkstheater «Worte Gottes» volksnahen und regionalen Charakter, in dem er zwanzig Laiendarsteller aus Innerschweizer Theatergesellschaften auf die Bühne holt. Das nicht akzentfreie Deutsch einiger Laien wirkt im Gegensatz zum ausgebildeten Bühnendeutsch der Ensemblemitglieder nicht störend. Im Gegenteil: Es macht die Szenerie umso glaubhafter. Umrahmt wird sie von schwarzen, flexiblen Wänden und einem kreuzartigen Baugerüst, welches das Wirtshaus symbolisiert. Einfach, aber wirkungsvoll in Szene gesetzt. «Worte Gottes» der spanische Schwank, schwer verdaulich, aber grotesk-lustig überzeugt.» Basler Zeitung, 04.März 2012
«Ein wuchtiges, katholisches, auch bigottes Stück – in der Inszenierung von Andreas Herrmann –, dessen Faszination man sich schwerlich entziehen kann. (…) Dies ist die Schlussszene des Stücks «Worte Gottes» des Galiziers Ramón María del Valle-Inclán (1866–1936), in dem einige Kritiker ein spanisches Äquivalent zu James Joyce sehen, und der die Schreib- und Bühnenkonventionen seiner Zeit radikal verändert hat. Eine dörfliche Tragikomödie ist «Worte Gottes», die von der mystisch-katholischen Eröffnung bis zum Ende gut zweieinhalb Stunden später überzeugt und in Bann zieht. Selten ist die Zeit im Luzerner Theater so schnell vorbeigegangen. Und selten klang so viel nach. (…) Zu den Mitgliedern des Ensembles des Luzerner Theaters gesellen sich 18 Laien aus verschiedenen Luzerner Theatergesellschaften. Eine Referenz an die lebendige Dorftheaterkultur in katholischen Gebieten, wie man sie im Kanton Luzern wie in Galizien findet. Die Fallhöhe zwischen Laien und Profis ist auf hohem Niveau gross. Was nicht gegen die Profis spricht. (…) Bei «Worte Gottes» wurde Hand in Hand gearbeitet: Das ausgeklügelte Bühnenbild (Max Wehberg), die Kostüme (Sabin Fleck), die beschwördende Musik (Alan Bern) tragen ebenso viel zur Atmosphäre – die das Stück ausmacht – bei, wie Valle-Incláns grandiose Figuren und die Schauspieler, die sie verkörpern.» kulturteil.ch, 03.März 2012
Produktionsteam
Andreas Herrmann Inszenierung
Max Wehberg Bühne
Sabin Fleck Kostüme
Alan Bern Musik
Martin Baumgartner Sounddesign
Gérard Cleven Licht
Bernd Isele Dramaturgie
Ingo Höhn Fotos
Besetzung
Daniela Britt (Rosa La Tatula), Antoinette Graf (Eine Nachbarin), Alma Herrmann (Die kranke Tochter), Paula Herrmann (Eine Schwangere), Renata Kali (Eine andere Nachbarin), Wiebke Kayser (Mari-Gala), Ephanie Koch (Benita), Agnes Köpfli (Tata Just), Syvie Kohler (Poca Pena), Juliane Lang (Simonina), Mariella Pfyffer (Juana La Reina), Bettina Riebesel (Marica del Reino), Edith Walthert Kramis (Ludovina), Cecile Zwyssig (Muter), Alan Bern (Ein Akkordeonspieler), Jörg Dathe (Pedro Gailo), Christian Eberli (Der Schlaukopf Quintin), Hans-Caspar Gattiker (Lucero), Roland Graf (Soldat), Jakob Grünenfelder (Vater), Jürg Huber (Serenin de Bretal), Elmar Hürlimann (Limonadenverkäufer), Karl Köpfli (Zivilgardist), Ludwig Krummenacher (Dorfschulze), Christoph Künzler (Ein Pilger), Erwin Reinhard (Milon de la Arnoya), Hajo Tuschy (Miguelin aus Padron), Jürg Wisbach (Der Blinde von Gondar, Bocksgeist), Samuel Zumbühl (Laureano)