Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und Ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten

Schauspiel von Georges Perec
Premiere: 20. Mai 2016 Luzerner Theater
Sie machen einen Gang durch die verschiedenen Abteilungen, deren Gesamtheit ganz oder teilweise die Gesellschaft bildet, die, könnte man sagen, Sie dafür bezahlt, dass Sie einen Gang durch die verschiedenen Abteilungen machen. Nehmen wir an, dass Sie sich dazu entschieden haben, Ihren Abteilungsleiter aufzusuchen, um ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten. Er ist im Büro, aber Sie fühlen sich plötzlich gehemmt, oder er ist nicht im Büro und Sie warten oder gehen niedergeschlagen wieder weg, drehen eine Runde nach der anderen oder, oder ...
Georges Perec, 1936 in Paris geboren und 1982 verstorben, Schriftsteller und Filmemacher, gehört zu den wichtigsten Vertretern der französischen Nachkriegsliteratur. Er war prominentes Mitglied des Autorenkreises Oulipo, kurz für «Ouvroir de littérature potentielle», einer Werkstatt für experimentelle Literatur.
Mit dieser Theaterarbeit unterzieht sich die scheidende Belegschaft des Schauspiels einem letzten Test ihrer Überlebenstauglichkeit in dieser oder einer anderen Struktur – unter diesen oder anderen Umständen – hier oder anderswo. Und verabschiedet sich höflich.


Pressestimmen

Regisseur Andreas Hermann weiss diese Stillstände aber so bewegungsreich zu inszenieren, dass einem bei allen intellektuellen Pirouetten nie langweilig wird. Das grossartige Luzerner Schauspielensemble zeigt im Finale von Dominique Menthas Intendanten-Ära mit beeindruckendem Eifer ein aberwitziges Bijou der Theatergeschichte, das man nicht verpassen sollte.
NZZ am Sonntag, 5. Juni 2016

Was spielerisch und zuversichtlich beginnt, entwickelt sich mehr und mehr einem Desaster entgegen. Immerzu werden Möglichkeiten (die langsam zu Floskeln werden) wiederholt, bis sogar in den eigenen Reihen auf der Bühne zynisch kommentiert wird: «Entweder sind sie vollkommen einfältig oder sie sind nicht vollkommen einfältig.» Anfänglich fand man die Figuren liebenswert naiv, jetzt könnten ihre Wiederholungen nerven. Sie tun es aber nicht. Regisseur Andreas Herrmann gelingt es mit dem richtigen Tempo eine Spannung aufzubauen, die sich zum Ende des ersten Teils in einem Höhepunkt entlädt: Nachdem man (hypothetisch) endlich im Büro des Abteilungsleiters angekommen ist und ihm den eigenen Standpunkt erläutert hat, trifft der schlimmste Albtraum aller Möglichkeiten ein. zentralplus.ch, 21. Mai 2016

Es sind Prozesse, die im Nichts enden werden, und die eigentliche Kunst besteht darin, diesen Wunsch und die Erreichbarkeit in den Angestellten am Leben zu erhalten, bis diese das Arbeitsleben durchschritten haben und der Wunsch und dessen Unerfüllbarkeit folglich irrelevant geworden sind. Virtuos wird dies hier durchdekliniert, sowohl von dem alten oulipischen Sauhund Perec als auch von allen sieben Darstellern, die hier nicht in Einzelleistungen getrennt werden, sondern als in einem stupenden Automatismus perfekt zusammenspielendes Team aufgeführt werden sollen: Christian Baus, Jörg Dathe, Hans-Caspar Gattiker, Wiebke Kayser, Lilli Lorenz, Bettina Riebesel und David Michael Werner spielen eine Belegschaft, wie sie im realen Büroleben nur durch viele Incentives und Motivationstrainings zusammengeschmiedet werden kann, eine Überlebensgemeinschaft von Schafen in der Wolfswelt. kulturteil.ch, 21. Mai 2016

Das Schauspielensemble des Luzerner Theaters kann alle schauspielerischen Register ziehen und sein Können ein letztes Mal unter Beweis stellen. Dies macht den Mitwirkenden sichtlich Spass und dieser färbt ab auf das Publikum. Es ist eine gelungene Umsetzung eines Textes über die moderne Geschäftswelt in einer überspitzten und karikierenden Version. SRF 1, Regionaljournal Zentralschweiz, 21. Mai 2016

In seiner Inzenierung für die Luzerner Bühne hat der scheidende Schauspieldirektor Andreas Herrmann die Freiräume, die das Stück gewährt, für Improvisationen genutzt, die er zusammen mit dem Ensemble entwickelt hat. In diesen Intermezzi zeigen die Schauspieler, die das Haus Ende Saison ebenfalls verlassen, ihre anhaltende Freude am freien Spiel auf der Bühne. Zentralschweiz am Sonntag, 22. Mai 2016

Es gibt viele heitere, absurde und aberwitzige Momente, es wurde auch oft gelacht an der Première und die sieben Schauspieler scheinen sich zeitweise selber köstlich zu amüsieren. Ein absolutes Highlight ist das Bühnenbild. Die Bühne ist als Raum ausgekleidet mit durchsichtiger Gaze, in diesem Raum selber befindet sich ein zweiter Raum, ein mobiler Kubus ebenfalls mit Wänden aus Gaze. Die Schlichtheit besticht, fasziniert, die Durchlässigkeit und gleichzeitig Begrenztheit, im Zusammenspiel mit den Lichteffekten erzeugt Bilder von grosser Intensität. Und wenn sich die Schauspieler im Gegenlicht als schwarze Gestalten mit leuchtenden Plastikbällen auf die Bühne schleichen, ist das grosses Kino. Innerschweiz Online, 23. Mai 2016

Produktionsteam

Andreas Herrmann Inszenierung
Viola Valsesia Bühne
Silvana Arnold Kostüme
Denim Szram Sounddesign
Clemens Gorzella Licht
Carmen Bach Dramaturgie
Emma Lou Herrmann Trailer
Ingo Höhn Fotos

Besetzung
Lilli Lorenz (Das Angebot), David Michael Werner (Die Alternative), Hans-Caspar Gattiker (Die positive Hypothese), Bettina Riebesel (Die negative Hypothese), Wiebke Kayser (Die Wahl), Jörg Dathe (Der Schluss), Christian Baus (Die Masern) 

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